Kinder einfühlsam begleiten und unterstützen
Eltern stehen oft vor einer vertrauten Herausforderung: Ihr Kind kehrt vom Kindergarten, der Schule oder einem Besuch bei Freunden zurück und berichtet, dass ein anderes Kind gesagt hat, sie seien keine Freunde mehr. Oder ein Kind auf dem Spielplatz schreit einem anderen zu: „Ich spiele nie wieder mit dir!“ Solche Sätze wie „Ich bin nicht mehr dein Freund!“ oder „Ich spiele nie wieder mit dir!“ können das betroffene Kind traurig machen, zum Weinen bringen und dazu führen, dass es sich zurückzieht und Trost sucht. Auch wenn Erwachsene oft wissen, dass sich die Situation bald ändern wird, kann der aktuelle Schmerz des Kindes nicht einfach aufgehoben werden.
Trost und Verständnis für dein Kind Selbst wenn du als Erwachsene davon überzeugt bist, dass der Streit bald vergessen sein wird, braucht dein Kind jetzt dein Mitgefühl und deine Unterstützung. Die Ausgrenzung aus einer sozialen Gruppe verletzt dein Kind, denn menschliches Leben basiert auf Gemeinschaft und dem Schutz durch die Gruppe. Der soziale Schmerz des Ausschlusses, des Nicht-Dazugehörens oder Ignoriertwerdens kann für dein Kind genauso schmerzhaft sein wie eine körperliche Verletzung und dieselben Gehirnregionen aktivieren.
Wenn sich Kinder ausgeschlossen fühlen, benötigen sie Trost, Zuwendung und Verständnis. Auch wenn wir als Erwachsene nicht in der gleichen Weise fühlen können und bereits wissen, dass sich die Situation bald ändern wird, sollten wir uns auf die Gefühle des Kindes konzentrieren, es trösten und gemeinsam nach Lösungen suchen.
Warum „Das wird schon wieder“ nicht ausreicht
Auch wenn wir denken, dass sich die Situation von selbst lösen wird, erlebt das Kind gerade jetzt Schmerz. Außerdem wissen wir nicht, ob sich die Situation wirklich so einfach lösen lässt oder ob sie über längere Zeit bestehen bleibt oder sich sogar verschlimmert. Das Kind allein zu lassen mit einem „Das wird schon wieder“ vermittelt ihm das Gefühl, dass es mit einer Konfliktsituation allein gelassen wird, die es offensichtlich nicht allein bewältigen kann. Außerdem kann das Kind das Gefühl bekommen – auch durch Aussagen wie „Da stehst du drüber, lass dich nicht unterkriegen“ -, dass das Verhalten des anderen Kindes einfach hingenommen werden sollte. Dies kann zu Passivität und Unterordnung unter schmerzhafte und ausgrenzende Strukturen führen. Kein Kind sollte lernen, dass es in Ordnung ist, wenn andere es schlecht behandeln, es beleidigen oder ausschließen.
Je jünger das Kind ist, desto dringender benötigt es nicht nur Hilfe bei der Bewältigung seiner akuten Gefühle, sondern auch Unterstützung bei der Konfliktlösung. Eltern haben die Aufgabe, dem Kind Sicherheit zu geben und es vor Gefahren zu schützen, auch vor psychischer oder physischer Gewalt, zu der auch der Ausschluss aus einer Gruppe gehört. Eltern fungieren als Schutzfaktor im Rahmen des Bindungssystems und tragen dazu bei, die emotionale Unversehrtheit des Kindes zu gewährleisten.
Aber reagiere ich nicht über?
Manchmal fällt es Eltern schwer, diese Schutzfunktion einzunehmen: Vielleicht befürchten sie, als Helikopter-Eltern abgestempelt zu werden? Mache ich zu viel? Es ist jedoch wichtig, dass Eltern verstehen, dass es um das Problem des Kindes geht und das Kind gerade leidet. Die eigenen Unsicherheiten sollten nicht die Not des Kindes überschatten und können zu einem anderen Zeitpunkt separat angegangen werden.
Gegenüber Pädagogen, Lehrern und anderen Eltern ist es wichtig, eine klare Haltung einzunehmen. Das ist nicht immer einfach, wenn das Kind beispielsweise von einem Freund oder einem Kindergartenpersonal ausgeschlossen wurde oder Lehrer sagen, das Kind hätte einfach selbst kommen können, wenn es ein Problem hätte. Es gibt viele Gründe, warum sich das Kind nicht anderen anvertraut hat, sondern den eigenen Eltern. Auch hier ist es wichtig, die Schutzfunktion einzunehmen und darauf zu bestehen, dass die Probleme respektvoll und lösungsorientiert angegangen werden.
Gemeinsame Lösungen finden
Viele Eltern denken, dass Kinder ihre Probleme selbst lösen können. Leider ist dies nicht immer der Fall: Kinder sind unterschiedlich und haben verschiedene Temperamente. Einige Kinder sind extrovertierter, andere introvertierter. Konflikte nicht zu begleiten und keine guten Konfliktlösungsstrategien aufzuzeigen, würde dazu führen, dass die dominanteren, extrovertierteren Kinder die Oberhand gewinnen. Kinder müssen jedoch lernen, Konflikte fair auszutragen und Konfliktlösungsstrategien zu entwickeln. Dies bedeutet, dass introvertiertere Kinder durch Begleitung lernen können, wie sie ihre Meinung äußern können und wie sie für ihre Bedürfnisse und Gefühle eintreten können, während andere Kinder lernen müssen, anderen Raum für ihre Meinung zu lassen und manchmal einen Schritt zurückzutreten und sich zu beruhigen. Kinder lernen dies durch unser Beispiel und durch Anleitung. Sie benötigen die Unterstützung ihrer Bezugspersonen, um im Laufe der Jahre zu lernen, wie sie gut mit Problemen und Konflikten umgehen können.
Wenn Ausgrenzungen oder Beleidigungen immer wieder auftreten
Wenn Ausgrenzungen, Beleidigungen oder sogar körperliche Gewalt immer wieder auftreten, kann dies als Mobbing bezeichnet werden. Da Mobbing oft erst spät von Erwachsenen erkannt wird, ist es wichtig, dass bereits bei früheren Problemen eingegriffen wird, damit sich das Verhalten gegenüber dem Kind nicht normalisiert. Kinder, die von anderen angegriffen werden, tragen keine Schuld am übergriffigen Verhalten anderer – diese Denkweise ist Teil des Problems, das dazu führt, dass Mobbing erst spät erkannt wird: Wenn dem Kind immer wieder vermittelt wird „Naja, wenn wir ehrlich sind, hast du auch…“, wird die Verantwortung verschoben. Es ist wichtig, dass das betroffene Kind von seinen Bezugspersonen Verständnis, Sicherheit und Unterstützung erhält. Das Kind kann sich aus dieser Situation in der Regel nicht allein befreien. Es ist sinnvoll, zunächst mit dem Kind zu besprechen, was es selbst möchte. Anschließend kann überlegt werden, welche weiteren Maßnahmen erforderlich sind: Häufig muss das pädagogische Personal in Kindergarten oder Schule einbezogen werden, das ebenfalls für den Schutz des Kindes verantwortlich ist. Möglicherweise gibt es auch vor Ort sichere Ansprechpartner, die das Kind unterstützen können. Darüber hinaus kann psychologische Unterstützung bis hin zu rechtlicher Beratung notwendig sein (abhängig von der Schwere und der Situation). Es gibt auch spezielle individuelle Mobbing-Beratungsdienste sowie Workshops für Schulen.